Sonntag, 28. April 2013

Explosionsfrühling

Café Jenseits in Kreuzberg. Das Interieur gemütlich, der Tisch leider noch voller Krümel der vorherigen Gäste. Aber der offene Blick auf den sonnigen Heinrichplatz entschädigt. Die Begrüßung nicht zu freundlich. Der Café Latte zu heiß und der Espresso verbrannt. Der Cheesecake auffällig klein geschnitten, kostet dennoch so viel wie ein normalgroßes Stück Kuchen woanders. Die Kellnerin liebkost minutenlang innig den Hund eines Gastes und serviert dann übergangslos die Sandwiches an die Gäste am nächsten Tisch, Hände waschen gehört leider auch nicht zu ihrem Serviceprogramm. Aber dafür die Zigarette, mit der sie sich neben die vollbesetzten Außentische stellt. Die Verabschiedung ist sehr freundlich. Ich werde wohl trotzdem nicht wiederkommen.

Beim späteren Spaziergang genieße ich den Kreuzberger Frühling, als ob alles darauf gewartet hätte, explodiert nach diesem viel zu langen Winter überall das junge Grün. Die Fußwege um den Landwehrkanal sind mit Menschen geflutet, erst Richung Lohmühlenstraße wird es gemütlicher. Frühlingsdüfte durchziehen meine Nase. Frühlingsfarben erfreuen das Herz. Glücklichmachend.

Mittwoch, 24. April 2013

Musikalischer Volltreffer



Preisträgerkonzerte sind oft angenehm kurzweilig. Die Gewinner eines Wettbewerbs spielen ihre besten Stücke, bevorzugt solche, die auch gut beim Publikum ankommen und langweilige Sätze und Passagen, wie sie in den meisten Werken irgendwo vorkommen, finden in der Regel keinen Platz auf solchen Veranstaltungen. Also ein Grauen für jeden orthodoxen Klassikfan aber hervorragend geeignet für Klassikradiohörer wie mich.
Das Konzert der Preisträger des Dussmann-Musikwettbewerbs war unter den Musikabenden dieses Typs dann aber noch einmal ein besonderes Schmankerl: Während man bei vergleichbaren Konzerten die musikalischen Fähigkeiten der Kinder (und vermutlich damit oft auch den überstarken Ehrgeiz der Eltern) bewundert und anerkennt, so gab es im Keller von Dussmann ein qualitativ glänzende Aufführung exzellenter Musiker, die zufälligerweise auch noch Kinder bzw. Jugendliche waren. Der Moderator übersah (obwohl selbst Musiker) leider die Korrepetitoren und vergaß konsequent jedes Mal, ihre Namen anzusagen, als ob es sie auf der Bühne gar nicht gebe, dafür aber fing die Hausherrin das Publikum schnell mit ihrem Charme wieder ein.
Da waren u.a. Moses Yoofee Vester, der mit einer Eigenkomposition im Jazz sowohl technisch, als auch musikalisch einen wunderschönen Kontrapunkt setze, Marijn Seiffert und David Scherka, die mit ausgebuffter Professionalität während ihres Bottesinis abwechselnd mit ihren Instrumenten, miteinander und mit dem Publikum flirteten, und Sebastian Lange, der mit seinem Saxophon einen modernen japanischen Komponisten wie einen alten klassischen Meister zelebrierte.
Zwei Stunden Höchstgenuss.

Sonntag, 14. April 2013

Einmal schneiden, föhnen und verlieben bitte



Ich gehe schon seit über acht Jahren zu meinem kurdischen Friseur in Moabit: die Mischung aus Freundlichkeit, Preis und gutem Schnitt wiegt den (inzwischen) größeren Umweg deutlich auf. Lange schon wunderte ich mich, wie gut er sich auch nach Wochen oder Monaten noch alles merken kann, was ich so irgendwann mal erzählte. 

Vorletzte Woche wurde mein Termin nach hinten verschoben, da würde es besser gehen, OK, kein Problem. Während des Arbeitens beugte er sich dann plötzlich zu mir herunter, kommt nah an mein Ohr und fragt leicht verlegen, ob ich denn zurzeit vergeben sei. Ich verneine fröhlich.

Er dreht leicht seinen Kopf zur Seite: „Sehen Sie da hinten die Dame die dort gerade geföhnt wird? Das ist die Cindy. Sie ist auch Single und hat sich total in Sie verguckt“. Ich erspare ihm die Frage, wie jemand, den ich zum ersten Mal in meinem Leben sehe in mich verguckt haben kann und es bereits meinem Friseur erzählt haben kann. „Sehr sympathisch, aber leider nicht mein Typ“. Ihm fällt kurzfristig das Gesicht runter: „Aber warum denn nicht???“ Ich erkläre es ihm, er akzeptiert es, aber offensichtlich schwer enttäuscht. Als Cindy kurz darauf den Laden mit einem schmachtenden Lächeln in meine Richtung verlässt, versinke ich so tief es geht im Friseurstuhl und beginne zu verstehen: mein verschobener Termin war kein Zufall gewesen.

Gegen Ende des Haarschnitts kommt er wieder auf das Thema zurück: „Ein ganz lieber Kunde von mir hat eine Schwester, die ist total erfolgreich und würde phantastisch zu Ihnen passen. Dürfte ich vielleicht ein Photo von Ihnen machen und es ihrem Bruder geben? Dann könnte sie sich bei Ihnen melden!“ Ich platze fast mit einem lauten Lachkrampf.
Aber sei’s drum. Für so einen Spaß bin ich gerne zu haben.

Krasses Kundenbindungsprogramm.